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Old Tech, New Tech

by Kay MacKenneth

In unserer digitalen Welt sind ölverschmierte Werkstatt-Handbücher fast schon antiquiert. Dennoch sind sie, gerade in der analogen Welt der Oldtimer, zum Teil noch immer der einzige Weg, sich besonderes Wissen über Technik und Funktion anzueignen. Natürlich hilft uns in manchen Dingen auch das Internet weiter, aber was passiert, wenn Ersatzteile irgendwann nicht mehr zur Verfügung stehen und alte Pläne nicht mehr verfügbar sind?

Konstruktion fand in den frühen Jahren des Automobildesigns lediglich auf Papier statt. Etliche Blaupausen und technische Zeichnungen ermöglichten Ingenieuren, ihre Ideen darzustellen.  Erkenntnisse über Fehlfunktionen oder Abnutzungen können nur überliefert werden. Was ist aber, wenn diese Pläne, Überlieferungen oder sogar die Automobile nicht mehr verfügbar sind? Hier würde eine Digitalisierung sicherlich helfen. Zeichnungen und Pläne sind bis heute sicherlich bereits reichlich digitalisiert und für die Nachwelt jederzeit verfügbar. Die 3D CAD-Technik fand bereits in den 80er Jahren Einzug in die Automobilindustrie. Konstruktionszeichnung und Entwicklung fand fortan am Computer statt und es entstanden unendliche CAD-Daten. Das Problem heute ist, dass diese Dateiformate zum größten Teil nicht mehr lesbar sind.  Nur die Daten, die gepflegt wurden und immer auf aktuellere Daten umgerechnet wurden, sind noch leicht verfügbar.

3D-Scan
Aber unsere Technik entwickelt sich so schnell weiter, dass mittlerweile neue Formen der Digitalisierung zur Verfügung stehen. Mit einem 3D-Scanner können mittlerweile dreidimensionale Bilder erzeugt werden. Es entstehen Aufnahmen des Fahrzeugs oder eines Teils, die virtuell gedreht und betrachtet werden können. 3D-Scanner produzieren hunderte von Aufnahmen und errechnen daraus eine intelligente Punktewolke mit der man dann dreidimensional arbeiten kann.  Wir wollen hier ganz genau betrachten, welchen Nutzen eine Datenerfassung mit 3D-Scan bringen kann.

Haben Sie ein Fahrzeug, das einmalig ist oder ganz besondere technische Details aufweist? Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, was passiert, wenn man mit einem solchen Fahrzeug einen unglücklichen Unfall hat oder das technische Spezialteil kaputt geht? Hier kommt der 3D-Scan ins Spiel. Mit dieser Methode lassen sich sowohl größere Teile als auch kleine technische Anbauteile scannen. Ein Verfahren, dass an sich erst einmal nur ein dreidimensionales Abbild des gescannten Objekts ergibt, aber später sehr nützlich wird. Solche Scanner kosten zwischen 15.000 und 50.000 Euro und man benötigt eine spezielle Software, um die erzeugten Bilder zu verarbeiten. Ihre Präzision liegt allerdings bei 0,05 mm bis 0,5 mm pro Kubikmeter. Sprich, der Scan beinhaltet wirklich jegliche Details. Es gibt Unternehmen, die solche Scans durchführen, oder man kann einen solchen Scanner tageweise nutzen, wie zum Beispiel im MakerSpace in Garching bei München. Nach einen zweistündigen Einweisungskurs darf man den Scanner benutzen und seine eigenen Scans durchführen.

Der eigentliche Scan dauert je nach Größe des Objekts manchmal bis zu mehreren Stunden oder auch Tage. Immer wieder muss die Software die aufgenommenen Bilder zusammenfügen und berechnen. Wenn auf dem zu scannenden Objekt keine deutlichen Strukturen zu erkennen sind, wie an einer stromlinienförmigen Karosserie, müssen für den Scann sogenannte Matching-Points angebracht werden. Diese Markierungen dienen dazu, dass die Software die einzeln gescannten Ebenen zusammenfügen kann.

Das Ziel ist es, am Anfang so viele Daten wie möglich zu erhalten, denn je mehr vom Fahrzeug erfasst wird, desto leichter ist das spätere Matching der weiteren Scans. Erst wenn das Fahrzeug rundherum erfasst ist, können weitere Details gescannt werden. Das Programm Artec Studio kann die einzelnen Scans nun sehr gut verbinden. Zwischendurch wird immer wieder die Punktewolke überprüft, um eventuelle Löcher in dem entstehenden 3D-Modell zu finden. Solche Stellen müssen nachträglich gescannt und hinzugefügt werden. Es entstehen während des Arbeitsprozesses enorme Datenmengen und daher sollten nicht zu viele Scans produziert werden.

Wir verwenden in unseren Beispielen zwei Scanner von Artec. Die einzelnen Scans werden noch in dem Artec-spezifischen Programm verarbeitet. Ein speicherintensiver Vorgang und bei einem Scan-Objekt wie einem ganzen Fahrzeug nur an einem entsprechend leistungsfähigen Rechner möglich. Die Scans werden zuerst noch einmal präzise zueinander ausgerichtet und Fehler herausgefiltert. Anschließend erfolgt ein Verarbeiten der Punktewolke zu einem geschlossenen Gitternetz.

Unsere Scanbeispiele sind ein sehr seltener MatFord Roadster, Baujahr 1937, ein Porsche 911 und eine Wasserpumpe für einen Gordini-getunten Rennmotor. Um für spätere Karosseriearbeiten entsprechende Daten zu erhalten, wurde der nur einmal gebaute MatFord komplett 3D gescannt. Eine Technik, bei der man am Ende eine komplette Punktewolke, ein Polygonmodell und eine passende Textur erhält. All diese 3D-Daten sind im Anschluss hilfreich, die weitere Restauration zu begleiten.Das Scannen erfolgt mit modernster Technik von Artec. Dabei kommen zwei 3D-Handscanner zum Einsatz, der Handscanner Artec Eva, mit einer Genauigkeit von 0,1 bis 0,5 mm und dem Artec Handscanner Spider, mit einer Genauigkeit von 0,05 bis 0,1 mm.

Zur Vorbereitung des Scans wurde das Fahrzeug mit regelmäßigen Tracker-Markierungen beklebt. Diese Markierungen dienen dazu, die einzelnen Scans nachträglich genau zusammenzuführen, dem sogenannten „Alignment“. Die Oberfläche des Models oder Objekts sollte möglichst matt sein. Bei dem Ford war es kein Problem, da er eine Rostschutzgrundierung hat. Bei einem lackierten Fahrzeug muss man eventuell die Oberfläche mit Kreidespray mattieren. Die gelben Markierungen sind gut gewählt, da sie in einem guten Kontrast zu dem roten Untergrund stehen. Die grafischen Marker sind ebenfalls wichtig, damit das Programm diese für das automatische Zusammenfügen gut erkennt, denn jede der Markierungen hat ein eigenes Muster.

Da nicht alle Stellen an dem Vorkriegs-Ford leicht zugänglich sind, wird nach dem Gesamtscan das Fahrzeug zerlegt. Der Holzrahmen und die Innenräume des Fahrzeugs werden detailliert gescannt. Auch der gesamte Leiterrahmen, auf dem die Karosserie ruht, wird schlussendlich gescannt. Zum einen um diesen digital zu vermessen, aber auch um fehlende Versteifungen zu rekonstruieren. Die entstehenden einzelnen 3D-Modelle werden später in einem 3D-Programm zusammengesetzt, um eine entsprechendes Volumenmodell des gesamten Oldtimers zu erhalten. Aber die einzelnen Bauteilscans können auch für ein so genanntes „Reverse Engineering“ verwendet werden

Reverse Engineering
Der Begriff Reverse Engineering implementiert bereits, dass ein 3D-Modell dazu dient, dass man mit den Daten etwas „umgekehrt rekonstruiert“, sprich neu konstruiert. Über die erhaltenen 3D-Daten kann etwas wie die gescannte Wasserpumpe ganz genau rekonstruiert und damit auch neu produziert werden. Die Daten des 3D-Scans sind nicht direkt für einen 3D-Druck oder einen CNC-Fräsvorgang geeignet und müssen zuerst an einem CAD-Programm überarbeitet werden.

Der Porsche wurde zum Beispiel gescannt, um eigene Body-Kits für das Fahrzeug zu entwerfen. Die Karosserieform ist sozusagen abgenommen und nun kann an einem CAD -Programm mittels der vorhanden Scan-Daten ein passgenaues Zubehörteil konstruiert werden.

Weitere Infos über 3D Scanner und 3D Scantechnik: https://www.artec3d.com/de/portable-3d-scanners

Fotos: ©Kay MacKenneth

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