Köln vor 90 Jahren: Der ambitionierte Oberbürgermeister Konrad Adenauer hat in seiner Amtszeit bereits einige Großprojekte vorangetrieben. Die Messehallen sind gebaut, die Universität neu gegründet und der Grüngürtel angelegt. Nun will er ein Unternehmen von Weltrang, das auf der Suche nach einem neuen Produktionsstandort in Deutschland ist, an den Rhein locken. Und auch dieses Vorhaben realisiert er. Köln setzt sich gegen Städte wie Magdeburg, Frankfurt am Main oder Neuss durch und erhält den Zuschlag der Ford Motor Company.
Am 2. Oktober 1930 kommt der legendäre Firmengründer Henry Ford nach Köln, um gemeinsam mit Adenauer den Grundstein des neuen Ford-Werks in Köln-Niehl zu legen. Der Beginn einer echt kölschen Erfolgsgeschichte: 90 Jahre später sind 12 unterschiedliche Pkw-Baureihen sowie sieben Lkw- und leichte Nutzfahrzeugmodelle und mehr als 17,5 Millionen Einheiten in den Kölner Ford-Werken vom Band gelaufen.
Bereits seit August 1925 hatte Ford in Deutschland Autos gebaut. In gemieteten Werkhallen am Berliner Westhafen setzten die ersten deutschen Mitarbeiter das legendäre T-Modell (“Tin Lizzie”) aus vorgefertigten Teilen zusammen. Als Ford dann in Deutschland einen richtigen Produktionsstandort und eine deutsche Unternehmenszentrale aufbauen will, fällt die Wahl auf Köln. Oberbürgermeister Konrad Adenauer, der nach dem Krieg zum ersten Kanzler der Bundesrepublik avanciert, hatte Henry Ford von den Standortvorteilen am Rhein überzeugt. Der Firmengründer gibt sich bei der offiziellen Grundsteinlegung am 2. Oktober 1930 äußerst zuversichtlich: “Ich weiß, die Deutschen werden einen guten Job machen.”
Als erster Ford “made in Cologne” läuft am 4. Mai 1931 ein Lkw, eine Ford Modell AA, vom Band. 619 Ford Mitarbeiter produzieren auf 33.000 Quadratmetern Fabrikfläche 60 Fahrzeuge pro Tag, zunächst Pkw Modell A und Lkw Modell AA.
Schon zwei Jahre nach dem Start, 1933, ist das Angebot von Ford in Deutschland auf drei Pkw-Baureihen angewachsen: die Modelle B (Rheinland), Y (Köln) und der mondäne V8. Der Ford “Eifel” ersetzt 1935 das Modell Y und wird ebenfalls noch in den 1930er Jahren vom ersten Vertreter einer legendären Baureihe abgelöst – vom ersten Ford Taunus, dem sogenannten “Buckel-Taunus”. Dieser rollt ab 1939 in Köln vom Fließband und startet damit seine lange Erfolgsgeschichte, die zunächst allerdings vom Ausbruch des 2. Weltkriegs unterbrochen wird. Die Ford-Produktionsanlagen werden 1942 zu feindlichem Vermögen erklärt, vom NS-Regime beschlagnahmt und dürfen während des Kriegs nur von Deutschen geführt werden. Zugleich beginnt die Umstellung von der Pkw- zur Lkw-Produktion für militärische Zwecke, auch mit Hilfe von Fremd- und Zwangsarbeitern aus den von der deutschen Wehrmacht besetzen Gebieten.
Nach dem Krieg – die Produktion beginnt bereits im Mai 1945 – werden trotz Energie- und Materialengpässen im Jahr 1946 fast 4.700 Lastwagen produziert, und 1948 läuft die Produktion des Ford “Buckel-Taunus” wieder an. Der Ford Taunus wird in sieben Generationen und in rund 3,2 Millionen Einheiten in Köln vom Band rollen – darunter wahre automobile Klassiker wie die “Meisterstücke” 12 M und 15 M oder der “Badewannen”-Taunus. 1971 ersetzt der Ford Granada den Taunus und wird bis 1985 auch rund 1,6 Millionen Mal in Köln gebaut. Den Granada löst in Köln wiederum der Ford Scorpio ab, der die Fachwelt als erstes Großserienmodell mit serienmäßigem ABS-Bremssystem und beheizbarer Frontscheibe überrascht und 1986 von einer Expertenjury zu Europas “Auto des Jahres” gekürt wird.
Kölner Dauerbrenner seit mehr als 40 Jahren
Bereits 1953 geht der Kleintransporter FK 1000 in Produktion. Er ist der Vorläufer des Ford Transit. Die Wurzeln von Europas meistverkauftem Transporter befinden sich also ebenfalls in Köln. Also dort, wo 1969 eine andere Ford-Ikone das Licht der Welt erblickt – das Sportcoupé Ford Capri. Bis 1986 produzierten die Kölner Ford-Werke 1,4 Millionen Einheiten des Ford Capri, der bis heute viele Sportwagen- und Oldtimer-Fans rund um den Globus begeistert.
Doch das erfolgreichste, also absatzstärkste von allen Kölner Modellen ist ganz eindeutig ein Kleinwagen: Nämlich Europas mehrfach meistverkaufter Kleinwagen des Jahres und Kölner Dauerbrenner seit mehr als 40 Jahren – der Ford Fiesta. Das Erfolgsmodell wird seit 1979 ununterbrochen in Köln produziert, inzwischen in achter Generation und mehr als 9 Millionen Mal. Auf derselben Plattform sind in Köln sogar noch zwei Fiesta-“Brüder” entstanden, der Ford Puma (von 1997 bis 2001) und der Ford Fusion (von 2002 bis 2012).
Henry Ford habe bei der Grundsteinlegung 1930 also recht gehabt, findet Gunnar Herrmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Ford-Werke GmbH: “Wir haben wirklich einen super Job gemacht: Nicht nur weil die Ford-Werke in Köln mehr als 17,5 Millionen Einheiten produziert haben, sondern auch weil darunter wahre Klassiker waren wie der Ford Taunus, der Capri oder der Scorpio und natürlich unser absoluter Bestseller der Ford Fiesta.”
Doch für die Stadt Köln und ihre Menschen sei etwas anderes noch wichtiger gewesen, betont Gunnar Herrmann: “Als einer der größten Arbeitgeber der Stadt haben die Ford-Werke mehreren Generationen und Tausenden von Kölnern eine berufliche Heimat geboten. Auch deshalb gehört Ford heute genauso zu Köln wie Messe, Uni oder Grüngürtel.”
Dabei bilden Menschen mit ganz unterschiedlicher Herkunft die Belegschaft der Ford-Werke. Und diese Kölner Vielfalt hat Tradition. Als erstes deutsches Unternehmen warben die Kölner Autobauer bereits Ende der 1950er Jahre Arbeitsmigranten aus der Türkei an. Migranten aus dem ehemaligen Jugoslawien sowie aus Portugal und Italien hatten schon in den Jahren zuvor eine berufliche Heimat im Unternehmen gefunden. Heute sorgen Mitarbeiter*innen aus etwa 90 Ländern für Vielfalt bei den Ford-Werken.
In den vergangenen neun Jahrzehnten sind die Ford-Werke in Köln immer weitergewachsen: So kommt 1962 das Motorenwerk in Niehl dazu und im selben Jahr das europäische Teilevertriebszentrum in Merkenich. Ford versorgt von Köln aus Händler, Importeure und Tochtergesellschaften in ganz Europa mit Ersatzteilen. Im Sommer 1968 nimmt das “John-Andrews-Entwicklungszentrum” in Köln-Merkenich seine Arbeit auf und bündelt als “Center Of Exellence” die globale Fahrzeugentwicklung von Pkw im B- und C-Segment. 1994 wird der Kölner Standort zudem in Aachen um das einzige Forschungszentrum von Ford außerhalb der USA erweitert – das europäische Ford Research & Innovation Center (RIC) mit aktuell rund 250 Ingenieuren und Wissenschaftlern. Schließlich wird 1998 sogar die Zentrale von “Ford of Europe” von Warley/Großbritannien an den Rhein verlegt und lenkt von Köln aus sämtliche Aktivitäten auf dem Kontinent. Als Zentrum von Verwaltung, Design, Entwicklung und Produktion wird Köln damit zu einem der weltweit wichtigsten Ford-Standorte.
Jüngster Spross der Kölner Ford-Familie
Das neuste Produkt des gemeinschaftlichen Schaffens am Standort Köln und jüngster Spross in der Fiesta-Familie ist der Ford Fiesta EcoBoost Hybrid. Im Sommer 2020 startet der Serienstart dieser Mild-Hybrid-Variante. Mit der Elektrifizierung ihres Erfolgsmodells leisten die Kölner Ford-Werke einen wichtigen Beitrag zur übergeordneten Elektrifizierungsstrategie von Ford. Bis Ende 2021 werden in Europa 18 elektrifizierte Ford-Modelle auf dem Markt sein.
Ansonsten überschatten die Auswirkungen des Corona-Virus das Jubiläumsjahr 2020. Um seine Mitarbeiter*innen vor möglichen Infektionen zu schützen, unterbricht Ford an allen europäischen Produktionsstandorten zwischenzeitlich die Fahrzeugfertigung. Von Mitte März bis Anfang Mai stehen in Köln die Bänder mehr als sechs Wochen lang still. Als die Produktion wieder anläuft, hat Ford strenge Hygiene- und Schutzmaßnahmen eingeführt: So gelten auf dem Werkgelände Abstandsregeln und Maskenpflicht. Zudem misst der Werkschutz an den Werktoren bei allen Mitarbeiter*innen und Gästen die Temperatur. Bei erhöhter Temperatur wird der Zugang verweigert. Damit geht Ford mit seinem Sicherheitskonzept sogar über die Empfehlung der Gesundheitsbehörden hinaus.
Inzwischen rollen in Köln wieder 1120 Fiesta pro Tag vom Band, also fast genauso viele wie vor der Corona-Pause (1150 Einheiten täglich). Das leicht reduzierte Produktionsvolumen liegt an zusätzlichen Pausen, die Ford seinen Mitarbeitern aufgrund der Maskenpflicht gewährt. “Nach dem Lockdown machen wir also das, was wir in Köln schon seit 90 Jahren machen und auch künftig tun werden”, betont Ford-Werke Chef Gunnar Herrmann: “Wir bauen schöne, sportliche und zuverlässige Autos!”
Fotos: ©Ford Archiv
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