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Fahrzeug-Portrait: Der Urvater des Käfers

by Kay MacKenneth

In der ersten Blütezeit des Automobils zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts war Josef Ganz Chefredakteur des Fachmagazins “Auto-Kritik”. Der überaus findige Journalist hatte nur ein Ziel – er wollte das perfekte Automobil konstruieren. Es sollte klein, leicht, kostengünstig, komfortabel und effizient sein. 1931 präsentierte Josef Ganz schließlich den Prototypen des “Maikäfer”. Für viele Kenner gilt der Grundgedanke des Maikäfer bis heute als Ursprung des Volks-Käfers.

Geboren wurde Josef Ganz in Budapest und bereits als 12-Jähriger ließ sich das Technik-Genie eine elektrische Schutzvorrichtung für Straßenbahnen patentieren. 1929 wurde Ganz von der deutschen Motorradfabrik Ardie unter Vertrag genommen. Ziel war die Herstellung eines Volksautos. Mit seinen umfassenden Kenntnissen über die Automobiltechnik seiner Zeit und als Ingenieur hatte Josef Ganz bereits konkrete Ansätze. Unbedingt sollte das Prinzip der doppelten Pendelachse in das neue Fahrzeug integriert werden. Gesehen hatte er dieses beim Tatra 11, mit dem er sogar Treppen-Testfahrten gemacht hatte, um die Funktionalität der Pendelachse zu testen.

So entstand 1930 sein erstes Kleinwagen Projekt und 1931, der bei den Adler Werken gebaute Prototyp mit dem Spitznamen “Maikäfer”. Es war das erste Fahrzeug mit einer unabhängigen Vorderradaufhängung und doppelter Pendelachse an der Hinterachse. Einige technische Innovationen prägten dieses kleine Gefährt. Die Lenkung ist über eine Zahnkranz-Steuerung angelenkt, die Pedalerie nennt sich Querschwing-Pedalerie und schwenkt beim Betätigen seitlich. Diese Technik ist begründet durch den einfachen Zentralrohrrahmen.

Der kleine Einzylinder-Zweitaktmotor liegt mittig im Heck auf der Hinterachse. Die Kühlung funktioniert über eine Wasserkühlung. Der 200 ccm Motor wird über einen Anlasser-Hebel auf der Fahrerseite gestartet. Der kleine, offene Wagen erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von ca. 45 km/h, ist sehr wendig und hat dabei eine ganz herausragende Straßenlage.

Die Karosserie ist sehr einfach und auf dem Zentralrohr-Rahmen aufgesetzt. Durch die niedrige Bauhöhe benötigt der Maikäfer keine Türen. An der stilisierten Kühlerfront erkennt man den abstrahierten Maikäfer als Logo.

Der kleine “Maikäfer” zeigte ein großes Potenzial, um ein Volkswagen zu werden. Josef Ganz hatte noch viele Pläne mit dieser Technik. Es lagen bereits Entwürfe zu weiteren Karosserieformen und Fahrzeugtypen in der Schublade. Seine Genialität war der Ursprung einiger Fahrzeugmodelle, wie z.B. auch für den Mercedes 170H.

Doch der 2. Weltkrieg und das Nazi-Regime wurden ihm zum Verhängnis. Er musste aus Deutschland fliehen und setzte sich in der Schweiz ab. Nach dem Krieg versuchte Josef Ganz seine Rechte auf die Patente, die ihm während des 2. Weltkrieges abgenommen wurden, auf dem Klageweg zurück zu bekommen. Trotz großer Hartnäckigkeit blieb Ganz erfolglos und erhielt nie das Recht, sich Erfinder des VW Volkswagens zu nennen.

Fotos: ©Kay MacKenneth, Wikipedia

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