Fahrzeugtests hatten bei Opel in Rüsselsheim bereits im Jahr 1903 ihren Anfang. Das hauptsächlich als Einfahrbahn für Motorwagen und für die Fahrraderprobung genutzte kleine Oval auf dem Werksgelände wurde jedoch bald zu klein. Deshalb eröffnete der Automobilhersteller am „Schönauer Hof“ südlich des Werksgeländes, Richtung Trebur, im Jahr 1920 die 1,5 Kilometer lange Opel-Rennbahn, die auch für Motor- und Radsportveranstaltungen genutzt wurde.
Die Raketenantriebsversuche von Fritz von Opel hatten hier ebenfalls ihren Ursprung. Die bis zu 32 Grad überhöhten Kurven der ovalen Rennbahn erlaubten Geschwindigkeiten von 140 km/h, womit das Motodrom in dieser Zeit zu den schnellsten Kursen der Welt gehörte und Deutschlands erste permanente Auto- und Motorradrennstrecke war. Die über die deutschen Grenzen hinaus berühmte Avus bei Berlin wurde erst ein Jahr später eingeweiht und das erste Rennen auf dem Nürburgring startete erst sieben Jahre später. Das Rennstrecken-Oval lag südlich von Rüsselsheim, dass damals rund 8.000 Einwohner zählte. Die technische Entwicklung war auf einem rasanten Vorsprung und auch das Automobil wurde immer populärer und technisch ausgereifter. Automobil-Rennen wurden immer populärer und so erlebte die Opel-Rennstrecke schon im ersten Jahr echte Massenanstürme.
Maximal 50.000 Zuschauer fanden auf den Holztribünen an der Start- und Zielgeraden so wie im Inneren des Ovals Platz. Die 12 Meter breite Rennbahn besteht aus 20 cm dicken Zement und die jeweils nördlich und südlich gelegene Kurve ist als Steilkurve ausgelegt. Solche Rennstrecken fand man allenfalls noch in England oder den USA. Die Rennbahn erhielt aufgrund ihrer Form den Spitznamen „Der Nudeltopf“.
Zuweilen fanden auf dem Gelände auch außergewöhnliche Werbeveranstaltungen statt, wie beispielsweise 1924 die Präsentation einer gesamten Tagesproduktion von mehr als 100 Exemplaren des 4/12-PS-Modells, im Volksmund besser bekannt als „Laubfrosch“.
Fritz von Opel war sehr rennsportbegeistert und gehörte zusammen mit Carl Jörns zu den erfolgreichsten Fahrern seiner Zeit. Natürlich durften sie bei den Rennen auf der Opel Rennbahn nicht fehlen. Auch der damals erst 21 Jahre alte Rudolf Carraciola machte auf der Rennstrecke auf sich aufmerksam. Er gewann ein „Anerkennungsrennen“. Die Rennstrecke wurde vor allem für Motorrad- und Radrennen verwendet.
1927 wurde zwar ein erneuter Rundenrekord von 147km/h gefahren, aber die Rennbahn kam allmählich in ihre Jahre. Der Zement wurde brüchig und wellig. Obwohl Ernst Zündorf noch einen Rundenrekord von 137,5km/h einfahren konnte, war man sich einig, dass die Rennstrecke nicht mehr sicher ist und Rekordfahrten nicht mehr möglich. Ab 1928 wurde es ruhig um die Opel Rennbahn. Das allerletzte Rennen fand noch 1930 mit einem Motorradrennen statt. In den 30er Jahren geriet die Rennbahn in völlige Vergessenheit. Opel stellte auch die Produktion von Rennfahrzeugen ein und damit wurde die eigene Rennstrecke bedeutungslos.
Zwischendurch wurde die Rennbahn auch zu Testfahrten verwendet. Die Einfahrstrecke auf dem Werksgelände wurde zu klein und die Testfahrten auf den Landstraßen rund um das Werksgelände stießen bei den Anwohnern auf wenig Zustimmung. Schon damals traten Bürgerinitiativen auf den Plan und protestierten gegen den „unerträglichen Lärm und die ungehemmte Raserei“. Schließlich verfügte der Großherzog Ernst Ludwig von Hessen, der später die Brüder Opel adelte, 1915 einen Behördenerlass. Die Automobile durften fortan für die Testfahrten nur noch auf einer Rennbahn bewegt werden.
1987 wurde die Opel Rennbahn als technisches Kulturgut eingetragen. Heute ist allerdings von der einstigen Rennbahn nicht mehr viel zu sehen. 2013 wurde ein Besucherpodest aufgestellt, von dem man auf die Überreste der Nordkurve blicken kann. Die Stadt Rüsselsheim hat ein kleines Stück der Strecke freigelegt und zahlreiche Infotafeln aufgestellt. Ein Verein kümmert sich heute um den Erhalt der Reste der Betonbahn und der Steilkurve.
Fotos: ©Opel
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