Was haben Lederkappe, Benzinflasche und Wunderbaum gemeinsam? Es sind drei von „33 Extras“, die in der Dauerausstellung des Mercedes-Benz Museums den Blick auf faszinierende Details der Mobilitätsgeschichte lenken und Automobilkultur lebendig werden lassen. Eine dieser Geschichten erklärt den Begriff „Pullman“.
1 – Name: „Pullman“ heißen ursprünglich vor mehr als 100 Jahren die komfortablen und luxuriösen Schlaf- und Salonwagen der Eisenbahn. Entwickelt hat sie in den 1860er-Jahren der amerikanische Ingenieur und Unternehmer George Mortimer Pullman (1831 bis 1897). Genauso exklusiv wollen anspruchsvollste Kunden später auch im Automobil reisen. Klar, dass der Begriff „Pullman“ auf das Auto übertragen wird – das passiert im frühen 20. Jahrhundert. An diesen Ursprung erinnert im Mercedes-Benz Museum der Modellbahnwaggon einer Tinplate-Spielzeugeisenbahn vor der hochexklusiven Mercedes-Benz 600 Pullman Staatslimousine (W 100) aus dem Jahr 1965 im Raum „Collection 4: Galerie der Namen“.
2 – Ursprung: Komfortables Reisen auf höchstem Niveau spielt schon sehr früh eine herausragende Rolle in der Geschichte von Mercedes-Benz, der ältesten Luxusautomobilmarke der Welt. Zum Beispiel für Emil Jellinek, den Wegbereiter der Marke Mercedes: Er lässt seinen Mercedes-Simplex 60 PS von 1904, das damalige Top-Modell von Daimler, 1907 zur luxuriösen Reiselimousine aufbauen. Heute ist das Fahrzeug im Raum „Mythos 2: Mercedes – Die Geburt der Marke, 1900 bis 1914“ des Mercedes-Benz Museums zu erleben. Den Namen „Pullman“ hätte es verdient.
3 – Anspruch: Seit rund 100 Jahren und bis heute steht „Pullman“ für höchste Exzellenz in den Fahrzeugen mit dem Stern. Das verdeutlicht auch der im März 2018 vorgestellte Mercedes-Maybach S 650 Pullman (Baureihe 222; Kraftstoffverbrauch kombiniert: 14,6 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 330 g/km*).
4 – Tradition: Das Ideal des Mercedes-Benz Pullman als Name für die Spitzenkategorie des automobilen Luxus und Komforts ist fast so alt wie die Marke. Die Ahnenreihe reicht von Fahrzeugen wie der Mercedes-Benz „Nürburg“ Pullman-Limousine (W 08) ab 1928 und der Mercedes-Benz 770 „Großer Mercedes“ Pullman-Limousine (W 07) aus den 1930er-Jahren bis zum legendären Mercedes-Benz 600 Pullman (W 100) als Limousine und Landaulet (1963 bis 1981) sowie den Luxusfahrzeugen der S-Klasse ab der Baureihe 140 bis heute.
5 – Königlich: Jeder Mercedes-Benz Pullman steht für einen geradezu royalen Auftritt. Dazu gehören ein exklusives Raumangebot, exzellenter Reisekomfort, eine Innenausstattung auf höchstem Niveau bei Technik und Material, Fond-Sitzanordnung vis-à-vis und natürlich eine kultivierte Top-Motorleistung.
6 – Stars: Pullman-Automobile von Mercedes-Benz sind seit den 1920er-Jahren bei Staatenlenkern und gekrönten Häuptern begehrt – aber auch bei Industriellen, Prominenten und Privatkunden mit allerhöchsten Ansprüchen. Beispiele: Papst Pius XI. (Mercedes-Benz „Nürburg“ 460 Pullman-Limousine, 1930), Kaiser Hirohito von Japan (Mercedes-Benz 770 „Großer Mercedes“ Pullman-Limousine, 1935) und John Lennon (Mercedes-Benz 600 Pullman-Limousine, 1970).
7 – Sonderklasse: In jüngerer Zeit gehört die Pullman-Tradition seit der Baureihe 140 zur Mercedes-Benz S-Klasse. Die edlen Fahrzeuge entstehen weitgehend in Handarbeit. Den Anfang macht im Jahr 1996 die S 600 Pullman-Limousine mit 290 kW (394 PS) starkem Zwölfzylindermotor.
8 – Passagiere: „Pullman“ ist nicht nur etwas für Prominente. Beispielsweise der erste serienmäßig gebaute Diesel-Personenwagen der Welt, der Mercedes-Benz 260 D (W 138) ist ab 1936 auch als großzügig geschnittene Pullman-Limousine zu haben. Ein solches Automobil steht im Raum „Mythos 3: Umbrüche – Diesel und Kompressor“ des Mercedes-Benz Museums. Der hohe Raumkomfort kommt bis zu sechs Fahrgästen zugute – als Taxi!
9 – Nutzlast: Außergewöhnlichen Komfort markiert „Pullman“ auch bei den Mercedes-Benz Nutzfahrzeugen: Dafür steht der Buchstabe „P“ im Typkürzel der Frontlenker-Lastwagen mit dem Stern ab dem LP 315 im Jahr 1955. Zu den faszinierenden Fahrzeugen dieser Epoche gehört der LP 333 „Tausendfüßler“ mit zwei gelenkten Vorderachsen, wie er in der Dauerausstellung des Mercedes-Benz Museums im Raum „Collection 2: Galerie der Lasten“ zu bewundern ist.
10 – Serie: Die Erfolgsstory der Pullman-Versionen von luxuriösen Mercedes-Benz Personenwagen lässt sich an den Repräsentationsfahrzeugen Mitte des 20. Jahrhunderts ablesen: Vom Mercedes-Benz 300 (W 189) entstehen 1960 noch lediglich drei Einzelstücke. Der Mercedes-Benz 600 (W 100) dagegen ist von 1963 bis 1981 serienmäßig als Pullman-Limousine und Pullman-Landaulet mit vier oder sechs Türen erhältlich. Individualisierung ist dabei Programm: Für Beatle John Lennon baut Mercedes-Benz nicht nur die Fondsitze in Längsrichtung ein, sondern installiert auch eine der besten Hi-Fi-Anlagen für Automobile, die damals zu haben ist – für Reise-Sound auf Pullman-Niveau.