Zur Premiere des Opel Astra F im Jahr 1991 befindet sich die Welt im Wandel. Der „Eiserne Vorhang“, der Europa über Jahrzehnte durchschnitten hat, ist gefallen und der „Kalte Krieg“ gilt als beendet. Ölkatastrophen wie die Havarie der Exxon Valdez machen den Menschen bewusst, welche Auswirkungen ihr Handeln auf die Umwelt haben kann. Für die Autohersteller eine herausfordernde Aufgabe: Ihre Fahrzeuge sollen einerseits weniger Schadstoffe ausstoßen und den Verbrauch senken und andererseits die steigenden Kundenansprüche an den Komfort erfüllen.
Wenn es ein Modell gibt, das perfekt für diese Symbiose steht, dann ist es der Opel Astra, die 7. Generation der erfolgreichen Opel-Kompaktklasse. Nicht nur der von seinem britischen Vauxhall-Pendant übernommene Name ist auf dem Kontinent neu, der Astra bietet zu seiner Zeit auch eine Vielfalt an neuen Sicherheitssystemen. Dazu können sich die Passagiere beim Astra F im Vergleich zum Vorgängermodell über merklich mehr Platz freuen – und das bei fast identischen Abmessungen. Auch in Sachen Ökonomie und Ressourcenschonung spielt der Neue vorne mit: Viele Materialien, aus denen er gefertigt wird (wie die verwendeten Kunststoffe), sind recyclingfähig. Dieses Gesamtkonzept überzeugt und begeistert die Kunden: Von 1991 bis 1997 laufen rund 4,13 Millionen Astra F vom Band. Damit ist er das bis heute meistverkaufte Opel-Modell.
Bei der Modell- und Antriebspalette des Astra F bleiben keine Wünsche offen. Die Kunden können aus fünf Benzinern und einem Diesel wählen, die Vierzylinder sind durch die Bank mit einem hochmodernen Abgasnachbehandlungssystem ausgerüstet. Die 1,4-, 1,6-, 1,8- und 2,0-Liter Benziner fahren mit Drei-Wege-Katalysator vor, der Selbstzünder mit 1,7-Liter-Hubraum verfügt über einen speziell entwickelten Diesel-Oxidationskatalysator.
Der Astra rollt im Oktober 1991 zunächst als fünftürige Fließheck-Variante, als fünftüriger Caravan und als Sportversion Astra GSi zu den Händlern. Diese Autos können nun, 2021, als historische Fahrzeuge angemeldet werden und das „H“-Kennzeichen tragen. Als echt heißes Sportgerät ist der GSi damals ausschließlich als Dreitürer erhältlich. Das Top-of-the-Line-Modell fährt wahlweise mit 85 kW/115 PS- oder 110 kW/150 PS-Zweiliter-Motor vor – letzterer mit 16 Ventilen und zwei obenliegenden Nockenwellen. Die viertürige Stufenheck-Limousine folgt im Frühjahr 1992. Und ein Jahr später können sich Freiluft-Fans über das vom italienischen Karosseriehersteller Bertone gefertigte Astra Cabrio freuen.
Darauf kommt’s an: Sicherheit, Freiraum und Effizienz
Mit seinen Sicherheitsfeatures setzt der Astra F neue Standards in der Kompaktklasse. Zum „Opel Safety System“ zählen unter anderem Doppelrohr-Verstärkungen in den Türen, die vor einem Seitenaufprall schützen. Die Sitzrampen verhindern im Falle eines Frontalaufpralls das „Wegtauchen“ unter dem Gurt, die Gurtstraffer halten den Körper sicher im Sitz. 1994 führt Opel für Fahrer und Beifahrer serienmäßig Full-Size-Airbags ein, was die passive Sicherheit weiter erhöht.
„Full size“ gilt beim neuen Astra auch im Innenraum. Im Vergleich zum Kadett E verfügen die Passagiere über fühlbar mehr Platz. Die Opel-Ingenieure haben die Windschutzscheibe um 74 Millimeter nach vorne versetzt und Kopf- und Kniefreiheit um bis zu 50 Millimeter erhöht. Die neue Geräumigkeit geht dabei nicht auf Kosten der Opel-typisch vorbildlichen Aerodynamik. Der cW-Wert des Astra F beträgt gerade einmal 0,30.
Die Ingenieure haben aber nicht nur Wert auf hohe Sicherheitsstandards und ein angenehmes Raumgefühl gelegt – auch die effiziente Nutzung von Ressourcen stand bei der Entwicklung des Astra F im Mittelpunkt. Große Teile der Instrumententafel, der Innenverkleidung, der Sitze und der Mittelkonsole sind aus Polypropylen; dafür hat Opel eigens ein innovatives, ressourcenschonendes Recyclingverfahren entwickelt. Weitere Fahrzeugteile wie Stoßfängerträger und Radlaufverkleidungen bestehen ebenfalls aus Recyclingmaterial.
Auch in Sachen On-Board-Elektronik ist der Asta F ein echter Innovationsträger: Das „Multi Info Display“ am Kopf der Mittelkonsole kombiniert Anfang der 1990er weltweit erstmals die Anzeigen von Radio, Bordcomputer und Kontrollhinweisen in einem Display, sodass der Fahrer alles im Blick hat. Vorreiter in der Kompaktklasse ist der neue Astra zudem mit seinem „Clean Air System“, das die Passagiere wirksam vor Pollen, Staub und Schmutzpartikeln schützt. Und der GSi 16V ist im Astra-Segment der Erste mit elektronischer Traktionskontrolle.
Technologie-Plattform Astra F: Basis für Elektro- und CNG-Antrieb
Der Astra F spiegelt nicht nur perfekt den damaligen Zeitgeist wider, er dient auch als Technologie-Plattform für künftige alternative Antriebssysteme. Mit dem „Astra Impuls III“ führt Opel von 1993 bis 1997 den ersten Elektroauto-Großversuch des Unternehmens durch. Eine Flotte von zehn Impuls III läuft auf der Ostseeinsel Rügen im Testbetrieb. Die Fahrzeuge legen dabei insgesamt 350.000 Kilometer zurück. Fünf der Elektro-Astra beziehen die Energie aus einer Nickel-Cadmium-Batterie (45 kW/61 PS), fünf weitere aus einer Natrium/Nickelchlorid-Hochenergiebatterie (42 kW/57 PS). Alle zehn Astra Impuls III verfügen über einen Drehstrom-Asynchron-Motor. Der Astra Impuls III erreicht so eine Geschwindigkeit von 120 km/h und eine Reichweite von 160 Kilometern.
Auch bei alternativen Kraftstoffen weitet Opel Forschung und Entwicklung aus: 1996 fährt eine limitierte Serie von Astra Caravan mit schadstoffreduziertem CNG-Erdgasantrieb (Compressed Natural Gas) vor. Ausgewählte Versorgungsunternehmen, Behörden und Flottenbetreiber unterziehen 500 Astra Caravan CNG dem Alltagstest.
Der Astra F ist das bis heute meistverkaufte Opel-Modell. Die gelungene Kombination aus neuen Sicherheitssystemen, einem geräumigen Innenraum und höchster Ökonomie traf genau die Erwartungen der Kunden Anfang der 1990er Jahre und trug wesentlich zu seinem Erfolg bei. Zugleich war der Astra F ein Innovationsbeschleuniger in seinem Segment. Der erste Opel mit dem Namen Astra war also in jeder Hinsicht das richtige Auto zur richtigen Zeit.
Fotos: ©Opel
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