Home News2020 80 Jahre Kamm Coupé

80 Jahre Kamm Coupé

by Kay MacKenneth

Die BMW 328 Rennsportwagen sind legendär. Es gibt sie mit verschiedensten Karosserien, die auf der Basis der BMW 328 Rahmen aufgebaut wurden. 1940 war das Traumjahr für BMW bei der Mille Miglia: mit den 328er Modellen gelang sogar der Mehrfach-Sieg. Das BMW 328 Kamm Coupé, benannt nach dem deutschen Aerodynamik-Pionier Wunibald Kamm, gehörte zu den teilnehmenden Fahrzeugen. Die Stromlinienförmige Alukarosserie gilt noch heute als Meisterwerk des Automobilbaus. Dennoch wurde das original Kamm Coupé nach dem 2. Weltkrieg nach einem Unfall verschrottet.

Mitte der neunziger Jahre begann BMW im Zuge der Eröffnung der “BMW Mobile Tradition” mit der Aufarbeitung der Firmenhistorie. Dabei kamen Pläne zur Rekonstruktion des Kamm Coupés auf den Tisch. Mit Hilfe eines Münchener Privatsammlers gelang es, einen größeren Bestand an Fotos zusammenzutragen, die das Kamm Coupé aus verschiedenen Perspektiven zeigen. Auch Aufnahmen der Rahmenkonstruktion waren dabei.

Eine Herausforderung: Aus den Informationen die die Bildern lieferten sollte das Abbild des ursprünglichen Fahrzeuges auferstehen. Die moderne Computertechnik der BMW Design-Abteilung nahm diese Challenge an. Die verschiedenen Perspektiven wurden in ein 3D-Geometrieprogramm eingelesen und neu berechnet. Anhand sicherer Konstanten, die sich auf bekannte Maße, wie z.B. Felgendurchmesser, Scheinwerfer, Türgriffe, Flügelmuttern oder BMW-Emblem errechnen ließen, konnten das Kamm Coupé detailgetreu von allen Seiten ermittelt werden. Aus diesen Daten wurde nun mit einer 5-Achsen-Fräse ein Modell in Originalgröße aus einem Hartschaumblock gefräst. Der Weg für die originalgetreue Rekonstruktion des legendären Kamm Coupés war bereitet.

Im ersten Anlauf setzte man auf ein originales BMW 328 Chassis, das um 20 cm verlängert wurde, nach den Fotovorlagen einen Stahlgitterrohrrahmen. Nach kurzer Zeit wurde diese Arbeit allerdings erst einmal zurückgestellt. Im Zuge der Planung des neuen BMW Museums wurde der filigrane Elektron-Gitterrahmen des Kamm Coupés bei der Karosserie-Werkstatt Martelleria (www.martelleria.de) vor den Toren Münchens nachgebaut. Als Material verwendete man für die Rekonstruktion Aluminium und kam damit dem Original-Gewicht des Coupé-Rahmens schon sehr nah. Obwohl dieser Rahmen nur als Ausstellungsobjekt dienen sollte, blieb die Idee irgendwann ein gesamtes Fahrzeug zu rekonstruieren weiterhin lebendig.

In Leipzig nahm man an der Meisterschule für Karosserie- und Fahrzeugbau in Zusammenarbeit mit dem BMW Werk in Leipzig schließlich Abgüsse des Hartschaum Modells, um damit Karosseriebleche nachzufertigen, die später an einen Gitterahmen angebracht werden sollten. Es entstand ein Karosseriemodell, das seither dem BMW Werk in Leipzig als Ausstellungsobjekt dient.


Im Zuge des 70-jährigen Jubiläums des Mille Miglia Sieges 2010 entschloß man sich bei BMW Classic, den Plan des Wiederaufbaus endlich zu realisieren. Der Auftrag ging an Restaurator René Große aus Wusterwitz in Brandenburg, der das Schaummodell als Basis für einen Abdruck in GFK, das mit Holzspanten zu einem stabilen, mittig teilbaren Gehäuse geformt wurde. In diese Halbschalen hinein wurden die Rohre für den Gitterrohrrahmen mit 25 mm Durchmesser aus einer kalt aushärtbaren Aluminium-Legierung eingepasst. Dieser Arbeitsgang erfordert äußerste Präzision, denn an der Außenhaut wären später keine Korrekturen mehr möglich gewesen. Auf der Waage sollte sich zeigen, dass man sich dem ursprünglichen Wert von 30 kg Gewicht angenähert hatte.

Für die Außenhaut verwendete man Teile eines zweiten Satzes Karosseriebleche aus Reinaluminium, die von der Meisterschule gefertigt worden waren. Dazu kamen noch alle neuanzufertigenden Bleche im Innenbereich. Diese Bleche, wie innere Kotflügel, Spritzwand, der doppelte Karosserieboden, Armaturenbrett und Tank, mussten in die vorhandene Form integriert werden.

Die Anpassung an den Gitterrohrrahmen erforderte das ganze Geschick und die Erfahrung der Karosseriebauer aus René Großes Team. Ein interessantes Detail waren die 40 mm breiten Aluminiumstreifen, die an den Außenkanten der Blechhaut auf dem Rohrrahmen verschweißt waren. Um diese wurde die Außenhaut auf wenigen Millimetern Breite nach innen umgebörtelt, damit die optisch filigranen Kanten an der Motorhaube, den Fenstern, Türen und Radkästen erhalten blieben. Dieses Detail, ebenso wie die Konstruktion des Haubenscharniers und der Türscharniere hatte sich BMW einst patentieren lassen, so dass es dafür Zeichnungen gab, nach denen man die Teile so originalgetreu wie nur möglich nachbauen konnte.

Weitere Herausforderungen waren die technischen Veränderungen, die das Kamm-Coupé von seinen Brüdern aus der Serie unterschied, wie nach hinten versetzter Kühler, Motor und Getriebe, eine modifizierte Hinterachse, sowie eine Vielzahl weiterer Veränderungen, die eine aufwändige Kleinarbeit nach sich zogen.

2010 war es dann soweit. Das BMW Kamm Coupé wurde offiziell auf dem Concorso d´Eleganza Villa d’Este vorgestellt und ging anschließend zum ersten großen Einsatz der Mille Miglia 2010 – 70 Jahre nach dem Sieg im Jahre 1940.

Fotos: ©BMW

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