Auch die britischen Oldtimer-Experten von Hagerty beschäftigten sich anlässlich des Internationalen Frauentags mit den Pionierinnen der Autowelt. Hier elf Frauen, die Autogeschichte schrieben.
Odette Siko – die erste Frau in Le Mans
Odette Siko schrieb Motorsportgeschichte, als sie am 21. Juni 1930 als erste Frau an den 24 Stunden von Le Mans teilnahm. An der Seite von Marguerite Mareuse in einem Bugatti T40 erreichten sie den siebten Platz – ein Ergebnis, das von einem reinen Frauenteam bis heute nicht übertroffen wurde. 1932 holte sie auf einem Alfa Romeo 6C 1750 mit Louis Charaval den vierten Platz in der Gesamtwertung und den Klassensieg – ein weiteres Frauen-Rekordergebnis, das noch heute Bestand hat.
Beatrice Shilling – Ingenieursgenie, Motorradrennfahrerin und Kriegsheldin
Die Geschichte von Beatrice Shilling ist eine Geschichte in der es um Räder und Flügel geht. Als sie 1932 ihr Ingenieurstudium an der University of Manchester mit Auszeichnung abschloss, wurde sie auf ihrem Studentenausweis als “Mr.” geführt, weibliche Titel waren noch nicht anerkannt. Im Jahr 1934 wurde sie als zweite Frau mit einem Brooklands Gold Star ausgezeichnet, als sie zwei Runden mit über 101 mph fuhr und später mit einer Rundengeschwindigkeit von 106 mph die schnellste Rennfahrerin aller Zeiten wurde.
Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, arbeitete Beatrice für das Royal Aircraft Establishment. Ihre Erfindung eines Drosselventils, das verhinderte, dass die Spitfires und Hurricanes der RAF bei steilen Stürzen abgewürgt wurden und vom Himmel fielen, rettete vielen Piloten das Leben und trug wohl zum Sieg in der Schlacht um Großbritannien bei.
Minnie Palmer – die erste Frau in England, die ein eigenes Auto fuhr und besaß
1897 wurde Minnie Palmer ihre eigene Chauffeurin. Die in Amerika geborene Schauspielerin war die erste Frau in England, die ein eigenes Auto fuhr und besaß. Sie übernahm ein in Frankreich hergestelltes Rougemont-Automobil. Es dauerte zwar noch 31 Jahre, bis Frauen das gleiche Wahlrecht wie Männer erhielten, aber Minnies Schritt bewies, dass die Geschlechter hinter dem Steuer gleichberechtigt sein konnten – ein bedeutender Meilenstein auf dem Weg zur sozialen und politischen Emanzipation der Frau.
Dorothée Pullinger – Ingenieurin und Unternehmerin. Entwarf ein Auto für Frauen, gebaut von Frauen
Dorothée Pullinger machte Platz für Frauen in einer Männerdomäne und entwarf ein Auto, das auch für sie geeignet war. Die Aufnahme in die Institution of Automobile Engineers war ihr mit der Begründung verweigert worden, dass “das englische Wort ,Person‘ einen Mann und nicht eine Frau bezeichnet” – eine Entscheidung, die später revidiert wurde.
In den frühen 1920er Jahren war Dorothée Managerin von Galloway Motors, einer Autofabrik, die von einer weiblichen Belegschaft geführt wurde, die die Farben der Suffragetten übernahm. Eine hauseigene Ingenieursschule bot Frauen eine dreijährige Ausbildung an, statt der üblichen fünf Jahre für Männer, weil man glaubte, dass Frauen schneller lernten. Dorothée entwarf und entwickelte den Galloway – das erste Auto der Welt speziell für Frauen. Die Schalthebel wurden innen statt außen am Auto angebracht, damit sie leichter zu erreichen waren, der Sitz wurde erhöht, Stauraum wurde hinzugefügt, das Armaturenbrett wurde abgesenkt und das Lenkrad war kleiner. Er war auch eines der ersten Automobile, das serienmäßig einen Rückspiegel einführte.
Dorothy Elizabeth Levitt – erste britische Rennfahrerin, die Rekorde aufstellte und den Royals das Fahren beibrachte
Die in Hackney geborene Dorothy Elizabeth Levitt wurde als “das schnellste Mädchen der Welt” bezeichnet, als sie mit 91 mph einen neuen Geschwindigkeitsweltrekord für Frauen aufstellte. Sie schaffte dies in einem Sechszylinder-Napier während eines Geschwindigkeitstests in Blackpool im Jahr 1906. Drei Jahre zuvor hatte sie den Titel “Großbritanniens erste Rennfahrerin” erhalten und stellte auch den ersten Geschwindigkeitsweltrekord auf dem Wasser auf, als sie in einem 40-Fuß-Stahlrumpfboot mit Napier-Motor 19,3 Meilen pro Stunde erreichte. Im Jahr 1905 stellte die Londonerin einen weiteren Rekord auf, und zwar für die “längste von einer Fahrerin erzielte Fahrt” für eine Rückfahrt von der Hauptstadt nach Liverpool. Ihre Leistungen machten sie zu einer Mediensensation. In ihrem 1909 erschienenen Buch “The Woman and the Car: a Chatty Little Handbook for All Women who Motor or Want to Motor” riet sie Frauen, Handschuhe, Schokolade und einen Revolver in der Schublade unter dem Fahrersitz mitzuführen.
Margaret Wilcox – erfand die Autoheizung
Für die frühen Nutzer des Automobils war Autofahren ein Freiluftvergnügen in seiner reinsten und für einige Monate des Jahres auch frostigsten Form. Am 28. November 1893 ließ Margaret Wilcox eine Lösung patentieren: die erste Autoheizung der Welt. Es dauerte Jahrzehnte, bis sich die Autohersteller für ihre Idee erwärmen konnten, die selbst dann noch als luxuriöse Sonderausstattung galt, als sich geschlossene Karosserien und Glasfenster immer mehr durchsetzten, aber schließlich wurde 1929 das Ford Modell A das erste Fahrzeug, das bereits bei der Herstellung über eine Innenraumheizung verfügte. Für Margaret stellte das Design auch einen Wendepunkt in ihrer Karriere als Erfinderin dar; es war das erste Patent, das auf ihren eigenen Namen und nicht auf den ihres Mannes angemeldet wurde, eine Praxis, die in den Vereinigten Staaten bis 1809 Gesetz gewesen war.
Helen Clifford – die erste weibliche Busmechanikerin bei London Transport
Die großen roten Doppeldeckerbusse mögen London in Bewegung halten, aber Helen Clifford war die erste Frau, die offiziell dafür verantwortlich war, dass sie auf der Straße blieben. Im Jahr 1983, im Alter von 18 Jahren, qualifizierte sich Helen als erste weibliche Busmechanikerin bei London Transport, nachdem sie einen Kurs in der West Ham Garage absolviert hatte. Bis dahin gab es zwei kurze Perioden, in denen Frauen eine Reihe von typisch männlichen Aufgaben in Bahnhöfen, Werkstätten, Ingenieurbüros und Depots übernehmen mussten. Helen war auch eine qualifizierte Busfahrerin, eine Rolle, die 1974 für Frauen geöffnet wurde.
Mary Anderson – Erfinderin des Scheibenwischers
Sie können jetzt klar sehen, denn die Erfinderin Mary Anderson erkannte ein Problem, das es zu lösen galt: Um Eis von der Windschutzscheibe zu entfernen, musste der Fahrer das Fenster öffnen, wodurch die Kabine abkühlte. Marys Lösung war ein federbelasteter Arm mit einem Gummiblatt, das sich vor und zurück über die Scheibe bewegte, um sie wegzuwischen. Das Design wurde 1903 patentiert, aber Marys Erfindung war kein sofortiger Erfolg bei den Autofirmen, die glaubten, es würde die Fahrer ablenken. Sie hat nie von ihrer Erfindung profitiert.
Bertha Benz – Pionierin der Autofernfahrt und Erfinderin des Bremsbelags
Bertha Benz ist die erste Fernfahrerin. An einem frühen Augustmorgen im Jahr 1888 machte sie sich im Auto ihres Mannes auf den Weg, ohne Erlaubnis, Reservetreibstoff oder Karte, um die 106 km lange Strecke von Mannheim nach Pforzheim in Deutschland zurückzulegen. Ihr Mann war Karl Benz, und das Auto war das erste der Welt. Karl war überzeugt, dass seine Erfindung nicht reif für die offene Straße war, aber Bertha glaubte, dass sie reif für die Welt war, und dass die Welt bereit war, eine Frau zu sehen, die den neuen Kurs setzte. Als ihr der Treibstoff ausging, kaufte sie Ligroin (ein Lösungsmittel auf Petroleumbasis) in einer Apotheke in Wiesloch – die heute als die erste Tankstelle der Geschichte gilt. Wenn der Motor überhitzte, nutzte sie Wasser aus Gräben und Bächen, um ihn zu kühlen. Wenn eine Benzinleitung verstopft war, reinigte sie sie mit ihrer Hutnadel. Sie benutzte sogar ihr Strumpfband als Isoliermaterial und bezahlte einen Schuster dafür, die Bremsbacken mit Leder zu überziehen und erfand so den ersten Bremsbelag der Welt.
Pat Moss – international erfolgreiche Rallyefahrerin
“Was sie geschafft hat, war wirklich erstaunlich”, sagte Sir Stirling Moss, als er über seine jüngere Schwester Pat sprach. Ein großes Lob von einem Mann, der nicht dafür bekannt war, sich für Frauen im Motorsport einzusetzen. Pat hat sich in den 1950er und 60er Jahren mit Siegen und Podiumsplatzierungen bei internationalen Rallyes einen hervorragenden Ruf erarbeitet. Ihre erste Veranstaltung fand 1953 statt, als sie im Alter von 18 Jahren in ihrem Morris Minor Cabrio antrat. Später wurde sie fünfmal Europameisterin in der Rallye der Damen und gewann achtmal den Coupe des Dames bei der Rallye Monte Carlo. 1960 gewann sie die zermürbende Rallye Lüttich-Rom-Lüttich in einem Austin Healey 100/6 und wurde Zweite beim Coupe des Alpes. Ihr größter Erfolg war der Sieg bei der Tulip Rallye 1962 in dem neu eingeführten Mini Cooper.
Vera Hedges Butler – erste britische Frau mit bestandener Führerscheinprüfung
Im Jahr 1900 war Vera Hedges Butler die erste britische Frau, die eine Fahrprüfung bestand, aber dafür musste sie nach Paris fahren. Geprüft wurden ihre Fähigkeiten beim Anfahren, Lenken und Anhalten, außerdem musste sie zeigen, was sie im Falle einer Panne zu tun hatte. In Großbritannien wurde die Prüfungspflicht erst am 1. Juni 1935 eingeführt.
Fotos: ©Veloce, Mercedes-Benz Archiv, London Transport Museum, Burlen, Denso,
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