Die Szenerie ist filmreif und verzaubert Jahr für Jahr die handverlesenen Gäste: Eine luxuriöse Villa am glitzernden See, eingebettet in eine üppige Parkanlage, umarmt von einer beeindruckenden Bergkulisse.
Das ist die Villa d’Este im Frühjahr, Schauplatz des Concorso d’Eleganza mit dem Oldtimer-Schönheits-Wettbewerb und der Präsentation automobiler Design-Studien unter dem Patronat der BMW Group. Für viele Kenner und Sammler ist es die wohl schönste Klassiker-Veranstaltung der Welt. Die Kombination aus Eleganz, hochkarätigen Fahrzeugen und Gästen ist einzigartig. Manch einer setzt sich selber ebenso in Szene, wie sein exklusives Fahrzeug. Über die Jahre erkennt man klar den Trend, dass sich immer mehr Besitzer passend zum Fahrzeug in Schale werfen. Als Belohnung durfte die Fahrerin des auffallenden türkisfarbenen Delahaye 135M Roadsters mit Carlton Karosserie (sie kam in einem originalen zeitgenössischen Kleid samt Handtasche), den Preis „Best dressed“ entgegen nehmen. Sehen und gesehen werden, ist hier das Motto. Der italienische Sammler Corrado Lopresto zeigte sich stilecht neben seinem Alfa Romeo 1900 Super Sprint La Fléche mit Sonderkarosserie. Auch beim umwerfenden Lamborghini Marzal glänzte die Besitzerin in entsprechender Kleidung. Der ursprüngliche Gedanke des mittlerweile 90 Jahre alten Concorso D´Eleganza, der 1929 zum ersten Mal stattgefunden hatte, wird durch somit wieder aufgegriffen. Seinerzeit präsentierte man die neuen Karossen mit entsprechender Mode.
Rund 50 Oldtimer stellten sich 2019 in neun verschiedenen Klassen beim Wettbewerb der Jury. Schon die Teilnahme gleicht einer Auszeichnung. Am Samstag inspizierte die Jury den ganzen Vormittag die edlen Karossen. Die Besitzer schildern das Wissen über ihren Wagen, zeigen Details und sind angespannt wie in Kindheitstagen beim Gedichte aufsagen. Perfekt muss die Präsentation sein: Das Fahrzeug, seine Historie, die Restauration oder die Erhaltung, wie bei dem Bugatti 57S von 1937 mit einer Vanden Plas Sports Tourer Karosserie. Und alles muss blitzblank sein.
Die diesjährige Veranstaltung stand unter dem Motto „The symphony of engines“. So ließ sich die Jury von jedem einzelnen Fahrzeug auch den entsprechenden Sound des Motors vorführen. Manche einer blubberte leise vor sich hin, während in der sportlicheren Klasse die Motorensounds eher ohrenbetäubend heulten. Erstmals wurde für den besten Sound sogar eigener Preis ausgerufen.
Aber natürlich stand die Eleganz der Fahrzeuge im Vordergrund des Geschehens. Sieger der begehrten Trophäe „Coppa D ´Oro“, dem Publikumspreis, wurde der Alfa Romeo 8C 2900B mit Touring Karosserie, der gleichzeitig auch die Jury überzeugen konnte und den Preis „Best of Show“ erhielt.
Der beim Concorso d’Eleganza Villa d’Este 2019 gleich zweimal erfolgreiche Alfa Romeo war schon zu seiner Entstehungszeit eine kostbare Rarität. Er ist eines von nur 30 Fahrzeugen seiner Baureihe, die der Mailänder Hersteller zwischen 1937 und 1940 in einer besonders exklusiven Konfiguration auf den Markt brachte. Als Basis diente das Chassis der überaus erfolgreichen Grand-Prix-Rennwagen, als Antrieb wurde ein Reihenachtzylinder-Motor aus Leichtmetall eingesetzt. Zwei obenliegende Nockenwellen und ein Doppelkompressor entlocken dem Triebwerk eine Höchstleistung von 180 PS. Einzelradaufhängung und ein hinten montiertes Getriebe waren weitere Finessen, die zum exklusiven Status der Berlinetta beitrugen. Als erstes von nur fünf Exemplaren mit langem Radstand erhielt das Fahrzeug zudem einen Superleggera-Aufbau der Carrozzeria Touring. Die Kombination aus anspruchsvoller Technik und formvollendetem Design sorgt auch 82 Jahre später noch immer für Begeisterung – wie der Doppelerfolg beim Concorso d’Eleganza Villa d’Este 2019 eindrucksvoll unter Beweis stellt.
Die Entscheidung ist Angesicht der Fülle an ganz besonderen Fahrzeugen sicherlich nicht leicht gefallen. In der Klasse „Daring to Dream – Concepts which rocked the motoring world“ waren außergewöhnliche Designfahrzeuge zu sehen. Zum Beispiel der Vivant 77 Prototyp von 1966. Direkt daneben der Lamborghini Marzal von 1967 mit dem verglasten Dach und den vollverglasten Flügeltüren. Das Interieur wurde in Silber gestaltet und wirkte sehr futuristisch. Nicht weniger futuristisch präsentierte sich der Ferrari 512S Modulo von 1970, der bei Pininfarina entworfen und gebaut wurde. Das Dach einschließlich der Frontscheibe lässt sich zum ein- und Aussteigen nach vorne schieben.
Ältestes Fahrzeug im Feld und wahrlich beeindruckend war der Vauxhall 30/98 Type 0E Boattail Tourer von 1925. Das Fahrzeug wurde Sieger in der Klasse „Goodbye Roaring Twenties“. Den Preis für den am besten erhaltenen unrestaurierten Vorkriegswagen, erhielt der Lancia Lambda Serie V von 1928. Den besten unrestaurierten Zustand bei den Fahrzeugen aus der Nachkriegsära, präsentierte der CD Panhard Le Mans 64 von 1964. Der 848ccm 2 Zylindermotor bereitete dem Publikum große Freude.
In der Regel zeigen sich bei Concours-Veranstaltungen dieser Qualität vor allem die großen formschönen Sonder-Karossen. Selten wird den kleineren Fahrzeugen eine Klasse gewidmet. Obwohl auch hier durchaus designvollendete Modelle zu finden sind, wie die Klasse „Small and perfectly formed“ zeigte. Große Sympathieträger waren der Seat Nardi 750 GT von 1964, mit seinen aerodynamischen Heckflügeln und der Austin Seven 850 Beach Car von 1960. Ein echter Hingucker war auch der bei Ghia gestaltete Abarth 205 Sport 1100 von 1953.
Der Samstag im Park der Villa D´Este begann bei traumhaften Wetter. Die Fahrzeuge standen vor der türkisblauen Kulisse des Comer Sees. Pünktlich zum Beginn der Preisverleihung mit dem großen Schaulauf über die Terasse der Villa D´Este, setzte ein Gewitter mit wasserfallartigem Regen und Hagel die Veranstaltung regelrecht unter Wasser. Die Stimmung blieb, es wurde eng zusammen gerückt und die Präsentation wurde kurz und bündig unters Dach verlegt.
Einmalig ist der Concorso d’Eleganza der Motorräder am Sonntag in Park der nahe gelegenen Villa Erba..