Home Editor's Picks Pininfarina – 90 Jahre Autodesign der Extraklasse – Teil 2

Pininfarina – 90 Jahre Autodesign der Extraklasse – Teil 2

by Désirée Rohrer

Nach dem zweiten Weltkrieg und seinen Folgen startete Battista Pininfarina komplett neu durch. Das war nicht ganz einfach. Italienische Karossiers wurden beim ersten Automobilsalon nach dem Krieg in Paris nicht zugelassen. Pininfarina kapitulierte nicht und reiste auf Achse mit zwei in seiner Werkstatt gebauten Prototypen nach Paris. Das konnte ihm keiner verbieten. Manchmal ist die richtige Auswahl eines Parkplatzes entscheidend – so in diesem Fall. Pininfarina parkte die beiden Prototypen direkt vor der Messe. Jeder, der hinein wollte, musste sie sehen. Es handelte sich um einen Alfa Romeo 6C 2500 S und ein Lancia Aprilia Cabriolet, das ein Sohn Sergio nach Paris chauffiert hatte. Die Aktion stellte sich als voller Erfolg heraus und Pininfarina durfte sich über daraus resultierende Aufträge freuen.

Battista und sein Sohn Sergio gestalteten nur sehr wenige Fahrzeuge wirklich selbst. Lange Zeit war Felice Mario Boano Designer bei Pininfarina. 1944 wechselte er zu Ghia. Es folgten junge Designer, wie Franco Scaglione, Francesco Salomone oder auch Franco Martinengo. Die jungen Designer standen während ihrer Zeit bei Pininfarina teilweise in großer Konkurrenz zueinander – was von Battista Pininfarina durchaus befeuerte.  

Die in dieser Zeit entstandenen Werke konnten sich sehen lassen. Besonders in den 50er Jahren entstanden einige der bedeutendsten Modelle bei Pininfarina, wie beispielsweise der Cisitalia 202. Dieser Sportwagen wurde erstmals 1947 auf der Automobilmesse in Turin gezeigt. Das Publikum war von den runden reduzierten Linien des Cisitalia begeistert. Im gleichen Jahr gewann der Cisitalia am Concorso D´Eleganza an der Villa D´Este in Cernobbio den ersten Preis. Rund 170 Fahrzeuge, inklusive einiger Cabriolets, wurden gebaut. Es war zugleich das allererste Fahrzeug, das im New Yorker Museum of Modern Art (MOMA) als permanentes Exponat aufgenommen wurde. 

Auch Enzo Ferrari fand zu dieser Zeit Interesse daran, einige Modelle bei Pininfarina entwerfen zu lassen. Doch stießen hier zwei besondere Charaktere aufeinander und die Kooperation lief holprig. 1947 hatte Enzo Ferrari die berühmte Firma mit dem Prancing Horse gegründet. Er hatte bereits mit vielen Designschmieden und Karossiers in Italien Kontakt aufgenommen und erfolgreich Gespräche geführt. Doch für ihn war es völlig klar, dass die künftigen Ferrari Modelle vorwiegend bei Pininfarina gestaltet werden sollten. Die Annäherung gestaltete sich allerdings nicht ganz einfach, wie eine kleine Anekdote erzählt. 

Battista Farina war viel zu stolz, dem einfachen Ruf Ferraris zu folgen und ihn in Modena zu besuchen. Obwohl er sogar privat bei „Il Comandore“ eingeladen war. Enzo Ferrari dagegen war zu stur, um  nach Turin zu Pininfarina zu reisen, schließlich wolle ja Pininfarina von ihm den Auftrag. Also einigte man sich auf ein Treffen in der Mitte des Weges. In einem kleinen Restaurant in Tortona führten die Gespräche zu einer Einigung und man schloss einen Vertrag. Allerdings gefiel Enzo Ferrari die Entscheidung, dass Battista Pininfarina seinen 25 jährigen Sohn Sergio Farina als Hauptverantwortlichen einsetzte, gar nicht. Doch er sollte es nicht bereuen. Der erste bei Pininfarina entworfene Ferrari war der 212 Inter, Baujahr 1952. Die Ähnlichkeit zum Cisitalia 202 ist noch zu erkennen, aber trotzdem hat der 212 Inter noch einige deutliche Merkmale, die ihn ebenso formschön wirken lassen. Es folgten noch weitere Modelle, die zeigten, wie sich das Design bei Pininfarina immer weiter entwickelte. Es entstanden Meilensteine wie der Ferrari 1954 375 MM, mit der sehr innovativen und formschönen Karosserie oder auch der 1954 auf dem Pariser Automobilsalon vorgestellte Ferrari 250 GT. 

In den 50er Jahren entstanden bei Pininfarina noch weitere Ikonen des Automobildesigns. Zahlreiche herausragende Modelle manifestierten den guten Ruf der Schmiede aus Turin. Darunter der Alfa Romeo Giulietta Spider, der Maserati A6 GSC von 1947 oder der Maserati A6 1500 GT, ebenfalls von 1947. So wurden auch internationale Automobilhersteller auf Pininfarina aufmerksam. Es folgten Aufträge für Fahrzeuge unterschiedlichster Hersteller wie der Nash Healey Spider oder ein neues Ramblers Modell Baujahr 1951. Später gab es auch Designaufträge von Mercedes Benz für den 250SL oder von Chevrolet für die Corvette.  

Ein Designhighlight aus den 50er Jahren war der Lancia Florida, eine Limousine mit vier gegenläufigen Türen und fehlender B-Säule. Im Heck gingen die Türen nach Hinten auf. Es war eine Studie auf der Basis des Lancia Aurelia und stellte eine Prototypen für den Lancia Flaminia dar. Das Fahrzeug war 1955 eine absolute Sensation.  

Die Zahl der Aufträge stieg so rapid, dass 1957 die Fertigung des Lancia Appia Coupés teilweise ausgelagert werden musste. Pininfarina vergab den Auftrag an Viotti als Subunternehmer. In der Zwischenzeit wuchs auch Ferrari. Mitte der 50er Jahre hatte Pininfarina zahlreiche bedeutende Karosserien für die Modelle 212, 375, 410, 342 und einige 250 gebaut. Mit dem Beginn der Serienproduktion des Ferrari 250, war klar, dass die bisherigen Werkshallen bei Pininfarina nicht ausreichen würden. Daher vergab die Firma Pininfarina bereits Aufträge an Boano und Ellena. 

Die Werkstätten bei Pininfarina mussten vergrößert werden. Ein neues Werk wurde etwas außerhalb von Turin in der heutigen Via Battista Pininfarina gebaut. 1958 wurden die neuen Werkshallen eingeweiht wo zukünftig auch kleine Serienproduktionen gefertigt wurden, wie das 1985 Lancia Flaminia Coupe oder 1959 das Fiat 1200 und 1500 Cabriolet. Pininfarina bot sogar eine Kleinserienherstellung des Fixed-Head Coupés an. Auch das 1961er Lancia Flavia Coupé wurde in Kleinserienherstellung gebaut. Cadillac hörte von der Kleinserienproduktion und gab die Fertigung des Elderado Brougham von 1959 bis 1960 bei Pininfarina in Auftrag. 

1961 übergab Battista Pininfarina die Firma an seinen Sohn Sergio Farina und seinen Schwiegersohn Renzo Carli. Am 3. April 1966 starb der wohl einflussreichste Designer der Automobilgeschichte, Battista Farina. Sein Sohn Sergio übernahm jedoch das Werk des Vaters und auch unter seiner Leitung folgten bedeutende und herausragende Designs. Während sich Serio Farina vor allem um die kreative Seite des Unternehmens kümmerte, übernahm Renzo Carli die wirtschaftlichen Belange der Firma. Unter seiner Leitung entstanden bei Pininfarina mit die schönsten Modelle und Prototypen der Firmengeschichte, wie der 1958er Ferrari 410 SA, der 1965er Dino Berlinetta Speciale, aber auch später der Ferrari F40 oder auch der Enzo Ferrari. Sergio Farina strebte aber auch weitere internationale Kooperationen an, wie zum Beispiel mit Peugeot, aus der die Modelle 404 und 504 hervorgingen. 

Fotos: ©Kay MacKenneth

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