Der britische Rennfahrer Stirling Moss war 1955 ein Star der Mercedes-Benz Rennabteilung. Er feierte überragende Siege mit dem Mercedes-Benz 300 SLR Rennsportwagen (W 196 S) und wurde Vize-Weltmeister der Formel 1 mit dem W 196 R. Seine Erfolge sind Glanzlichter in 125 Jahren Motorsport bei Mercedes-Benz. Am 17. September 2019 wurde der im Jahr 2000 durch Prinz Charles in den Adelsstand erhobene Motorsportler 90 Jahre alt. Am 12. April 2020 verstarb der große Mann des Motorsports.
Am 1. Mai 1955 schrieb Stirling Moss endgültig Motorsportgeschichte: Auf dem Mercedes-Benz 300 SLR Rennsportwagen gewann der damals 25 Jahre alte britische Fahrer die legendäre Mille Miglia in der besten Zeit, die je dort erzielt wurde. Das am 30. April gestartete Rennen von Brescia nach Rom und zurück auf einer 1.000 Meilen langen und extrem anspruchsvollen Route absolvierte er zusammen mit Beifahrer Denis Jenkinson mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 157,65 km/h.
Eine weitere Sternstunde war Mossʼ Sieg mit dem Formel-1-Rennwagen Mercedes-Benz W 196 R beim Großen Preis von Großbritannien in Aintree am 16. Juli 1955 vor seinem Teamkollegen Juan Manuel Fangio. Es war der erste Sieg eines britischen Rennfahrers in diesem Grand Prix überhaupt.
Meisterschaften
Das Fundament für die Karriere des Briten wurde bereits im Grundschulalter gelegt: Angeregt von den Motorsporterfolgen seiner Mutter Aileen und seines Vaters Alfred träumte der Junge davon, Profirennfahrer zu werden. Bereits mit 15 Jahren erhielt er dank einer Sondergenehmigung den Führerschein.
1948 kaufte Stirling Moss einen Cooper-500-Rennwagen. Damit startete er in der Formel 3 bei 15 Rennen, von denen er zwölf gewann. Das war der Beginn einer internationalen Karriere. 1949 wurde der junge Rennfahrer Mitglied der britischen H.W.M.-Werksmannschaft in der Formel 2 und holte 1949 und 1950 den englischen Formel-2-Meistertitel. 1950 gewann Moss zudem mit einem privaten Jaguar XK 120 die Tourist Trophy und schlug dabei auch die Werksrennwagen des Herstellers. Im Jahr darauf führte er das Jaguar-Team an.
Professionalisierung
Moss hatte nicht nur klare Ziele hinsichtlich seiner sportlichen Erfolge, sondern er ging auch die Professionalisierung seiner Karriere sehr entschieden an. So engagierte er als einer der ersten Berufsfahrer dieser Epoche einen Manager, der sich um Engagements und Honorare kümmerte. Wie wichtig die Entscheidung war, zeigte sich 1953, als Manager Ken Gregory an Mercedes-Benz Rennleiter Alfred Neubauer herantrat: Ob die Stuttgarter Marke Moss für den Wiedereinstieg von Mercedes-Benz in den Grand-Prix-Sport engagieren wolle?
In der Saison 1954 startete Moss zunächst noch auf einem eigenen Maserati 250 F in der Formel 1 als Privatteam „Equipe Moss“ (später „Stirling Moss Limited“). Starken Eindruck hinterließ unter anderem sein packendes Rennduell mit Silberpfeil-Chefpilot Juan Manuel Fangio beim Großen Preis von Italien in Monza: Moss lag bis zwölf Runden vor Schluss an der Spitze, dann wurde er durch einem technischen Defekt hoffnungslos zurückgeworfen. Sieger Fangio zollte dem Briten größten Respekt und nannte ihn den eigentlichen Sieger des Rennens.
Silberpfeile
Neubauer hatte sich 1954 vom großen Talent des britischen Rennfahrers überzeugt. Er lud ihn zu Testfahrten ein und verpflichtete ihn für die Saison 1955 als Werksfahrer der Mercedes-Benz Rennabteilung. Insgesamt 17 Renneinsätze absolvierte Moss mit dem erfolgreichen Formel-1-Rennwagen W 196 R sowie dem neuen 300 SLR Rennsportwagen (W 196 S).
Sein Formel-1-Debüt im Silberpfeil hatte Moss am 16. Januar 1955 beim Großen Preis von Argentinien, wo er zusammen mit Hans Herrmann und Karl Kling den 4. Platz in der Hitze von Buenos Aires errang. Höhepunkt der Saison war sein Sieg beim Großen Preis von Großbritannien. Bei zwei weiteren Formel-1-Rennen (Großer Preis von Belgien am 5. Juni 1955 und Großer Preis der Niederlande am 19. Juni 1955) kam Moss jeweils hinter Fangio auf Platz 2 ins Ziel. Er beendete die Saison als Vize-Weltmeister der Fahrerwertung.
Sportwagenrennen
Am erfolgreichsten war Stirling Moss 1955 bei Sportwagenrennen mit dem eigens für diese Saison entwickelten Mercedes-Benz 300 SLR Rennsportwagen. Zur Mille Miglia hatte das Fahrzeug seine äußerst erfolgreiche Premiere. Der britische Rennfahrer gewann mit ihm auch die Tourist Trophy in Dundrod (Nordirland) und die Targa Florio in Sizilien. So sicherte er der Stuttgarter Marke – neben dem Gewinn der Formel-1-Weltmeisterschaft durch Juan Manuel Fangio – auch den Sieg in der Sportwagen-Weltmeisterschaft 1955. Auf der Höhe des Erfolgs zog sich Mercedes-Benz nach der Saison aus dem Rennsport zurück.
Stirling Moss verfolgte seine Karriere bei anderen Rennställen weiter. Er startete unter anderem auf Rennwagen von Maserati, Vanwall, Cooper, Porsche, Aston Martin, Ferrari, Lotus sowie B.R.M und bewies immer wieder sein Weltklasseformat als Fahrer. Moss erzielte zahlreiche Siege und exzellente Platzierungen in der Formel 1 (Vize-Weltmeister in den Jahren 1956 bis 1958, Platz 3 der Fahrerweltmeisterschaft in den Jahren 1959 bis 1961) und bei Sportwagenrennen. Nach einem schweren Unfall bei den „100 Meilen von Goodwood“ am 30. April 1962 beendete Moss seine aktive Karriere im Alter von 33 Jahren.
Zeitzeuge
Stirling Moss blieb als Autor und Rennsportexperte dem Motorsport weiter eng verbunden. Insbesondere engagierte er sich über viele Jahre hinweg als Mercedes-Benz Markenbotschafter bei Veranstaltungen der automobilen Klassik. Der Zeitzeuge einer der glänzendsten Epochen des Motorsports im Zeichen des Sterns nahm er unter anderem 2015 an der Mille Miglia und dem Goodwood Festival of Speed teil. Bei beiden Veranstaltungen erinnerte Mercedes-Benz an die 60 Jahre zurückliegenden Erfolge von 1955.
In seiner Heimat Großbritannien galt Moss während seiner aktiven Zeit als „Mr. Motor Racing“ und „Inbegriff der Geschwindigkeit“ („the epitome of speed“). Für seine Verdienste verlieh ihm Queen Elizabeth II. im Jahr 1959 den Rang eines Offiziers im Orden „The Most Excellent Order of the British Empire“ (OBE). Im Jahr 2000 wurde Moss als Knight Bachelor in den Adelsstand erhoben, sein Titel lautete seitdem Sir Stirling.
Fotos: ©Mercedes-Benz
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