Alternative Antriebe beschäftigten die Menschen seit Anbeginn der Mobilität. Damals weniger weil an die Umwelt oder Ressourcen gedacht, sondern weil noch ausprobiert und getüftelt wurde. Im MAC Museum Art und Cars (www.Museum-art-cars.com) am Bodensee steht in der Ausstellung „Alternative Antriebe“ eines der wenigen gut erhaltenen historischen Elektro-Fahrzeuge: Ein Detroit Electric. Als Leihgabe für die Ausstellung „Alternative Antriebe“ hat der PS Speicher in Einbeck (www.ps-speicher.de) diesen E-Klassiker in den Süden Deutschlands geschickt. Ein Stromer, der zu seiner Zeit unglaublich trendy war – fast ein bisschen wie Tesla heute.
Das MAC Museum Art & Cars (Südwestdeutsche Kunststiftung & Gabriela und Herrmann Maier Stiftung) in Singen am Bodensee zeigt in zwei Gebäuden Kunst und Design in allen Facetten: Gemälde, Mode, Architektur, Fotografie, Automobile, Video-Installationen, Skulpturen und auch Variationen der Mobilität, als diese noch in den Kinderschuhen steckte. Ein besonders ansprechendes Objekt dieser Ausstellung im MAC2 ist der Detroit Electric aus dem Jahr 1912.
Für die Jahre um 1900 bis 1910 kann man durchaus den Begriff „Belle Époque der Elektromobilität“ verwenden. Das E-Auto findet vor allem bei der Oberschicht der Städter Gefallen. Der Grund ist die einfache Bedienbarkeit – ähnlich heute – Knöpfchen drücken, Auto an – während Verbrenner oder auch Dampfwagen damals technisches Grundwissen und Knowhow voraussetzte, man sich dreckig machte und unterwegs sein Gerät bedienen musste. Zu der Zeit waren folgedessen E-Automobile besonders auch bei Frauen beliebt, was die Liste der Fahrerinnen bestätigt.
Der Erfinder und Unternehmer Thomas Alva Edison entwickelte die zwischen 1901 und 1904 die neuen Nickel-Eisen-Akkus, die dann den E-Automarkt revolutionierten. Das führt dazu, dass 1910 weltweit in allen Großstädten E-Taxis, E-Droschken, E-Transporter zum Einsatz kamen. Noch heute kommen diese Batterien oder Akkumulatoren bei technischen Geräten wie Notbeleuchtungen usw. zum Einsatz: Grund: die einfache Technik funktioniert.
Zu einem der größten E-Autohersteller entwickelt sich die Firma Detroit Electric. Andere bekannte US-Elektroautohersteller dieser Zeit sind Baker Motor Vehicle und Studebaker Electric. Auch Henry Ford entwickelt auf Basis eines Ford Model T einen Elektroprototyp.
Detroit Electric findet nicht nur bei Disney Verwendung als das Auto von Oma Duck, sondern auch bei Clara Ford, der Ehefrau von Henry Ford, John D. Rockefeller (der später den Untergang der E-Mobilität mit seinem billigen Öl fördert) und natürlich Thomas Alva Edison und viele, viele andere Prominente, VIPs oder Politiker.
Die Elektrizität hatte im 19. Jahrhundert eine ähnliche Bedeutung, wie für uns die Digitalisierung. Deshalb sagt schon der Vorgänger des ADAC, Oberbaurat a.D. Klose auf der Gründungsversammlung des Mitteleuropäischen Motorwagen-Vereins 1897 etwas weises Voraus: „Als Motorfahrzeuge, welche ihre Energie zur Fortbewegung mit sich führen, machen sich zur Zeit drei Gattungen bemerkenswert, nämlich: durch Dampf bewegte Fahrzeuge, durch Oelmotoren bewegte Fahrzeuge und durch Elektrizität bewegte Fahrzeuge. Die erste Gattung dürfte voraussichtlich in Zukunft hauptsächlich für Wagen auf Schienen und schwere Straßen-Fahrzeuge in Betracht kommen, während das große Gebiet des weiten Landes von Oelmotorfahrzeugen durcheilt werden und die glatte Asphaltfläche der großen Städte wie auch die Straßenschiene von mit Sammlerelektrizität getriebenen Wagen belebt sein wird.“
Schlussendlich setzt auch hier der Erste Weltkrieg der Entwicklung ein Ende. Mit der Entwicklung der Magnetzündung von Bosch, die überall zum Einsatz kommt, werden Verbrenner-Motoren zuverlässiger. „Dank“ des ersten industriellen Krieges kommen viele Menschen mit der Technik in Berührung und die Technik verbessert sich stetig – der Verbrenner zeigt sich zuverlässig, händelbar und wird allgemein angenommen. Zusätzlich wird Dank Ford und der Fließbandtechnik das Automobil bezahlbar für alle Schichten, während Detroit Electric weiterhin auf die Oberschicht abzielt. Hier sind Parallelen zu heute durchaus da: Die Marke Tesla richtig sich derzeit auch an eine gute Oberschicht und ist kein Auto für die breite Masse.
Detroit Electric versucht der negativen Entwicklung entgegen zu wirken. Eine gut dokomentierte Präsentationsfahrt zum Mount Rainier auf über 3.000 m sollte im Jahr 1918 nochmals einen Popularitätsschub bringen. Aber auch das ändert nichts an der Tatsache, dass Detroit Electric 1929 die Produktion beenden musste und Anfang der 1940er Jahre aufgelöst wurde.
Doch der Markenname lebt: 2008 kaufte Albert Lam, ein früherer CEO der Lotus Engineering Group und Executive Director von Lotus Cars of England die Marke. Aus gutem Grund: 2013 wurde der Sportwagen Detroit Electric SP.01 vorgestellt.
Das im MAC gezeigte Fahrzeug von 1912 ist in einem unglaublich guten Originalzustand und hat in einer gut geführten Sammlung in Ormond Beach überlebt. Besonders hervorzuheben sind die gebogenen Seitenfenster an der Fahrzeugfront – wird erst in den 1930ern sowie 1950er Jahren Standard.
Motor / Engine Gleichstrommotor
Batterie / Battery 92 Volt Bleiakkumulatoren
Leistung / Performance 5 PS (hp)
V-max (km/h) 32-40
Reichweite / Range ca. 130 km
Baujahr / Year of construction 1912
Text: Ingo Weidig, D.Rohrer
Fotos: ©PS-Speicher, Library of Congress
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